Tel Aviv. Während Israel nach dem Großangriff des Iran über mögliche Gegenschläge berät, mehren sich die Aufrufe internationaler Partner zu Zurückhaltung. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte Israel am Montag zur Deeskalation auf. Auch die USA mahnten Medienberichten zufolge an, „sorgfältig und strategisch über die Risiken einer Eskalation nachzudenken“. Ähnlich äußerte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. „Wir werden alles tun, um einen Flächenbrand, also eine Eskalation, zu verhindern“, sagte er im französischen Fernsehen.
Der britische Außenminister David Cameron betonte im Gespräch mit dem Sender Times Radio, dass Israel als unabhängiges souveränes Land jedes Recht habe, auf einen solchen Angriff zu reagieren. Doch auch Großbritannien wolle eine Eskalation vermeiden und rate „unseren Freunden in Israel, dass es an der Zeit ist, sowohl mit dem Kopf als auch mit dem Herzen nachzudenken“.
Ob die Appelle aus dem Ausland wahrgenommen werden, wird sich zeigen. Denn Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sieht sich mit Forderungen aus seiner Regierung zu schnellem und hartem Handeln konfrontiert. Zum zweiten Mal innerhalb von 24 Stunden tagte am Montag das Kriegskabinett unter Vorsitz von Netanjahu. Am Tag zuvor hatte es nach dreistündiger Beratung keinen Entschluss fassen können.
Von Regierungsvertretern und der Armee hieß es in den vergangenen Tagen, dass es auf jeden Fall eine Reaktion geben werde. Israels Vertreter bei den Vereinten Nationen, Gilad Erdan, sagte bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats, sein Land habe das Recht, Vergeltung zu üben.
Außenministerin Annalena Baerbock pochte unterdessen auf die Einhaltung des Völkerrechts. „Das Recht auf Selbstverteidigung bedeutet die Abwehr eines Angriffes. Vergeltung ist keine Kategorie im Völkerrecht“, sagte die Grünen-Politikerin bei einer von Frankreich und Deutschland organisierten Hilfskonferenz für den Sudan in Paris auf die Frage einer Journalistin, ob Israel das Recht zu einem Gegenschlag habe. Ein Flächenbrand in der Region sei zu verhindern.
Auch UN-Generalsekretär António Guterres rief vor dem Weltsicherheitsrat zur Deeskalation auf. „Der Nahe Osten steht am Rande des Abgrunds“, sagte Guterres am Sonntag bei einer Sondersitzung des mächtigsten UN-Gremiums in New York.
Im Gazastreifen gehen indes die Kämpfe und Angriffe weiter. Die israelische Armee hat die palästinensische Bevölkerung in dem abgeriegelten Küstenstreifen erneut davor gewarnt, in den Norden zurückzukehren.
Auch an der israelisch-libanesischen Grenze kommt es weiter zu Zwischenfällen. Vier israelische Soldaten seien dort nach einer Explosion in der vergangenen Nacht verletzt worden, teilte Israels Militär mit.