Gutes tun mit 25 Millionen Euro

Die österreichische Millionenerbin Marlene Engelhorn hat ihr Geld einem Bürgerrat überantwortet

Ausgabe vom 19.06.2024
Seite 24
Von Hannah Scheiwe


Sieht sich als privilegiert: Marlene Engelhorn stellte dem Bürgerrat einen Großteil ihres Erbes zur Verfügung.Foto: Roland Schlager/dpa

Wien. 25 Millionen Euro – das ist eine Menge Geld für eine einzelne Person. Um soziale Gerechtigkeit in einem Land wie Österreich mit rund 9 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern herzustellen, ist es aber natürlich viel zu wenig, sagt Dietmar Feurstein am Dienstagvormittag in einer Pressekonferenz in Wien. Dennoch hält er den „Guten Rat für Rückverteilung“ für ein wichtiges Exempel, wie Demokratie funktionieren kann. Der Bürgerrat, in dem er eins von 50 Mitgliedern war, sorgte in den vergangenen Monaten für viel Aufmerksamkeit. Gegründet wurde er durch die österreichische Millionenerbin Marlene Engelhorn.

Die 32-Jährige kommt aus einer reichen Industriellenfamilie, bezeichnet sich selbst als „hochprivilegierte Bummel-Studentin“ der Germanistik, die in der „Geburts-Lotterie“ gewonnen hat, und gab im Januar bekannt, 25 Millionen Euro ihres Erbes für die Gesellschaft einsetzen zu wollen. Dafür gründete sie einen „Guten Rat für Rückverteilung“, der im März seine Arbeit aufnahm – und nun Ergebnisse vorstellte.

Kurz gesagt: Die 25 Millionen Euro gehen an 77 verschiedene Organisationen und Projekte, die alle möglichen Bereiche von Bildung über Integration und Inklusion bis zu Klimaschutz abdecken. Der geringste Betrag von 40 000 Euro geht etwa an Klimadashboard, einen Verein zur Förderung datenbasierter Berichterstattung und Bewusstseinsbildung zur Klimakrise, der höchste Betrag mit 1,6 Millionen Euro an den Naturschutzbund Österreich. Eine Liste aller berücksichtigten Organisationen mit Summen findet sich auf der Website des „Guten Rats“.

Was für Engelhorn, die bei der Pressekonferenz bewusst nicht anwesend war, wie auch die Bürgerinnen und Bürger des Rates aber im Vordergrund stand, war der Prozess der Entscheidung. „50 Bürgerinnen und Bürger sind an sechs Wochenenden zusammengekommen“, berichtet Projektleiterin Alexandra Wang. Für den Bürgerrat waren 10 000 Menschen ab 16 Jahren in Österreich als mögliche Teilnehmer angeschrieben worden. Schließlich wurden 50 repräsentativ ausgewählt, sodass Menschen aus allen Altersgruppen, Einkommensschichten, Bildungsstufen und Regionen vertreten waren.

„Der gute Rat hat gezeigt, dass 50 Menschen zusammenkommen und Antworten auf die ganz großen Fragen finden können, wenn man ihnen den Raum und die Zeit gibt“, sagte Wang am Dienstag. Die anwesenden Mitglieder des Rates pflichteten ihr bei. „Demokratie in ihrer besten Form“ nannte Feurstein die Vorgehensweise und wünschte sich mehr Bürgerräte im Alltag.