Leipzig. Die Überlegenheit der Portugiesen war so deutlich, dass es auch neutrale Beobachter fast schon schmerzte, dass es bis in die Nachspielzeit hinein nach einem Remis aussah. Mit dem trennten sich die Seleção und Tschechien am Dienstag in Leipzig dann aber doch nicht. Francisco Conceição sicherte dem Team von Superstar Cristiano Ronaldo in der Nachspielzeit noch das 2:1 (0:0) und einen erfolgreichen EM-Auftakt.
Trainer Roberto Martinez hatte vorab betont, wie wichtig die Erfahrungen von Pepe (41) und Cristiano Ronaldo (39) sind. „Sie bringen Dinge mit, die niemand sonst mitbringt“, hatte er gesagt. Dass er also in der Startelf auf die beiden ältesten Kicker des Turniers setzen würde, war keine eine Überraschung.
Es waren aber nicht die beiden Routiniers, die der ersten Hälfte ihren Stempel aufdrückten. Es waren Bruno Fernandes und Bernardo Silva in der Zentrale sowie João Cancelo und Rafael Leão. Der 25-Jährige vom AC Mailand schaltete und waltete nach Belieben, stellte Vladimir Coufal vor eine äußerst herausfordernde Aufgabe. Nicht selten hatte der Tscheche das Nachsehen. Zweimal konnte er in der Anfangsviertelstunde hoffnungsvolle Flanken in die Mitte nicht verhindern und hatte Glück, dass Ronaldo zunächst zu unplatziert köpfte und sich beim zweiten Versuch kein Abnehmer fand.
Nach einer knappen halben Stunde hätte Leão selbst treffen können, rutschte an einer herrlichen Hereingabe von Fernandes nur hauchdünn vorbei. Wenig später hätte Ronaldo treffen müssen. Wieder war Fernandes der Passgeber. Aber der portugiesische Kapitän scheiterte an Keeper Jindrich Stanek kläglich. Die tschechischen Fans feierten ihren Schlussmann, der den Versuch mit der linken Hand wegfischte, lautstark.
Sie mussten ihrer Elf immer wieder den Rücken stärken. „Esi, esi, esi“ tönte es von den Rängen, wenn sich das Team von Ivan Hasek kaum aus der Umklammerung der durchweg dominanten Portugiesen befreien konnte. Zwischendurch fing der Block der Tschechen denn auch einfach mal an zu hüpfen, um den Profis auf dem Rasen Mut zu machen.
Ein Blick in die Zahlen zur Pause unterstrich die Einseitigkeit: 73:27 Prozent Ballbesitz, 9:1 Torschüsse, 46:7 Angriffe, 8:0 Ecken aus Sicht der Portugiesen. Die Tschechen liefen mehr (62:58,4 Kilometer) – aber hauptsächlich hinterher. Dass es mit 0:0 in die Kabinen ging, dafür konnten sie durchaus dankbar sein. Die Portugiesen wiederum konnten sich ins Stammbuch schreiben: Dominanz allein wird hier wenig ausrichten. Ein wenig Kreativität darf und muss es gegen ehrlich und hart verteidigende Tschechen auch sein.
Was passiert, wenn die Seleção die dauerhaft nicht auf den Rasen bringt, war nach gut einer Stunde zu sehen. Mitten hinein ins Leipziger Unwetter, in Regenmassen und Blitze, vor allem aber mitten hinein ins portugiesische Herz setzte Lukas Provod einen Traumschuss. Aus rund 20 Metern, unhaltbar für Diogo Costa ins linke Eck – den Zahlen und der Statistik zum Trotz (62. Minute).
Endgültig Feuer unterm Dach war aber nach dem 1:1. Stanek wehrte einen Kopfball von Nuno Mendes nach vorn ab, direkt auf die Füße seines Kollegen Robin Hranac. Von dort sprang das Leder ins Tor (69.). Nun ließen auch die portugiesischen Fans hören, was sie drauf haben, ganz ohne Aufforderung von Ronaldo, der den Anhang einige Minuten zuvor noch gestenreich ermuntert hatte, stimmungstechnisch zuzulegen. Auch in der Nachspielzeit war das nicht nötig. „Portugal, Portugal, Portugal“ begleitete den eingewechselten Conceição. Der dann doch noch den – verdienten – Sieg sicherte.
2:1