Es gäbe viel zu sagen über den Brexit. Vor allem vor den Wahlen, die Rishi Sunak – der vierte Premierminister nach Cameron – für den 4. Juli angesetzt hat. Der Brexit spaltete das Vereinigte Königreich, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen wurde gedämpft, und zum Ärger vieler Brexit-Wähler, die das Gegenteil erreichen wollten, ist die Zahl der Einwanderer höher als vor dem EU-Austritt. Aber keiner will darüber reden.
Tim Bale, Politologe an der Queen Mary University of London, spricht von einer „Verschwörung des Schweigens“. Der Brexit sei der sprichwörtliche Elefant im Raum. In einem 60-minütigen Wortgefecht zwischen Rishi Sunak und Labour-Chef Keir Starmer tauchte das Thema nicht einmal am Rande auf.
Sunak, damals wie heute ein Brexit-Befürworter, will nicht darüber sprechen, weil eben kein „goldenes Zeitalter“ angebrochen ist. Starmer hingegen fürchte um Stimmen, wenn er den Brexit zur Sprache bringe, sagt Patrick Diamond, einst Berater der früheren Labour-Regierung. Die Partei brauche Wähler aus beiden Lagern. Auch die rechtspopulistische Partei Reform UK unter Nigel Farage, der sich lautstark für den EU-Austritt einsetzte, meidet das Thema – oder verweist darauf, dass der Brexit falsch umgesetzt worden sei.
Tatsächlich würden auch viele Insulaner das ganze Kapitel am liebsten vergessen. „Sie können sich einfach nicht mit dem Gedanken anfreunden, die ganze Sache noch einmal diskutieren zu müssen“, sagt Bale. Der Brexit sei eine Wunde, die viele nicht aufreißen wollten. Zumindest jetzt nicht.