Deutschland erfüllt Nato-Ziel bei Verteidigungsausgaben

Bundeswehr gibt im laufenden Jahr 90,6 Milliarden Euro aus – Orban lenkt ein, Weg für Rutte an die Spitze des Bündnisses so gut wie frei

Ausgabe vom 19.06.2024
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Von Ansgar Haase


Ein Eurofighter der Luftwaffe wird auf den Start vorbereitet: 23 der 32 Nato-Staaten erreichen das 2-Prozent-Ziel.Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Brüssel. Deutschland hat der Nato für das laufende Jahr geschätzte Verteidigungsausgaben von 90,6 Milliarden Euro gemeldet und würde damit derzeit klar das 2-Prozent-Ziel des Bündnisses erreichen. Wie aus einer neuen Übersicht der Nato hervorgeht, entspricht die Rekordsumme einem Anteil am pro­gnostizierten deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2,12 Prozent. Die Quote würde damit höher liegen als noch zu Jahresbeginn erwartet.

Deutschland hat sich vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vorgenommen, in diesem Jahr erstmals die 2014 vereinbarte Nato-Zielmarke für Verteidigungsausgaben zu erreichen. Sie sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten jährlich mindestens 2 Prozent ihres BIP dafür einplanen.

In diesem Jahr werden demnach voraussichtlich 23 Bündnisstaaten die Zielmarke erreichen oder sogar überschreiten. Spitzenreiter bei der Quote sind derzeit Polen mit Verteidigungsausgaben in Höhe von 4,12 Prozent des BIP und Estland mit 3,43 Prozent. Beide Länder liegen damit noch vor den USA, die 2024 nach den jüngsten Schätzungen auf 3,38 Prozent kommen dürften.

Schlusslichter im Ranking sind Spanien, Slowenien und Luxemburg, die derzeit bei unter 1,3 Prozent liegen. Auch Belgien (1,3 Prozent), Kanada (1,37 Prozent), Italien (1,49 Prozent) und Portugal (1,55 Prozent) werden die Nato-Zielmarke aber deutlich verfehlen.

Insgesamt werden die derzeit 32 Nato-Staaten nach jüngsten Schätzungen im Jahr 2024 rund 1,5 Billionen US-Dollar (etwa 1,4 Billionen Euro) für Verteidigung ausgeben. Die Inflation und Wechselkursschwankungen herausgerechnet würde dies im Vergleich zum Vorjahr einem Anstieg um 10,9 Prozent entsprechen. Die europäischen Alliierten und Kanada allein würden den Angaben zufolge sogar auf ein Plus von 17,9 Prozent kommen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der sich zur Vorbereitung des Nato-Gipfels (9. bis 11. Juli) derzeit in Washington aufhält, lobte bei einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Montag die Entwicklung als „größte Steigerung seit Jahrzehnten“.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban gab unterdessen seinen Widerstand gegen die Ernennung des scheidenden niederländischen Regierungschefs Mark Rutte zum neuen Generalsekretär der Nato aufgegeben. Orban teilte am Dienstag mit, Ungarn sei bereit, die Bewerbung von Rutte zu unterstützen. Damit ist der Weg für Rutte als Nachfolger von Jens Stoltenberg so gut wie frei. Als einzige Hürde gilt noch die öffentlich bis zuletzt nicht zurückgezogene Kandidatur des rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis für den Nato-Topjob. Iohannis hat allerdings keine relevanten Unterstützer mehr.