Meyer Werft: Die Zeit für
die Rettung wird knapp

Bis September muss der Sanierungsplan stehen – Land prüft Bürgschaft

Ausgabe vom 19.06.2024
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Von Marco Seng


Hannover. Die Lage der finanziell angeschlagenen Meyer Werft in Papenburg spitzt sich zu. Nach Informationen dieser Redaktion bleiben nur drei Monate für die Rettung des Schiffbauers. Mitte September steht demnach eine Umfinanzierung von Krediten an. Bis dahin brauchen die Banken Klarheit über die Absicherung von weiteren Krediten. Der Finanzbedarf der Werft soll mittlerweile bei 2,8 Milliarden Euro liegen. Das Land ist zu einer Bürgschaft bereit, doch ohne Bundeshilfe geht es nicht – und die EU müsste eine mögliche staatliche Beihilfe genehmigen.

Der bisherige Sanierungsplan sieht vor, dass die Werft ihr Eigenkapital um rund 400 Millionen Euro erhöhen soll, etwa durch den Einstieg eines Investors. Die restliche Summe von etwa 2,3 Milliarden Euro soll über verbürgte Kredite bereitgestellt werden. Demnach würden sich Bund und Land mit einer Bürgschaft von 1,8 Milliarden Euro beteiligen, den Rest müssten die Banken absichern.

„Es ist, das muss man deutlich sagen, eine existenzielle Krise, in der wir sind“, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) in einer Landtagsdebatte über das Unternehmen. Das Land werde alles dafür tun, mit dem Bund Lösungen für eine zukunftsfähige Meyer Werft und für sichere Arbeitsplätze zu finden. „Das setzt aber auch voraus, dass es kein Weiter so gibt.“

Die rot-grüne Landesregierung fordert von der Meyer Werft, dass sie ihren Firmensitz zurück nach Deutschland verlegt. Derzeit hat das Unternehmen aus dem emsländischen Papenburg seinen Sitz in Luxemburg. Lies sprach sich zudem dafür aus, einen Aufsichtsrat zu installieren. Die Meyer Werft sei ein international tätiger Konzern und müsse entsprechende Strukturen haben. „Es braucht einen mitbestimmenden Aufsichtsrat, es braucht eine Konzernstruktur.“

CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner forderte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf, die Rettung der Werft zur Chefsache zu machen. „Jetzt ist es Ihre Aufgabe, Herr Ministerpräsident, Bund und EU ins Boot zu holen“, sagte Lechner. „Wir müssen zusammen eine tragfähige Lösung finden. Wir werden die Menschen in der Region nicht im Stich lassen.“ Die Strukturen könnten aber nicht so bleiben wie jetzt. Lechner: „Auch die Eigentümerfamilie muss bereit sein, schwierige Entscheidungen zu treffen.“ Es sei jedoch nicht die Aufgabe der Politik, dem Betriebsrat und der Geschäftsführung Ratschläge zu geben.

Nachwirkungen der Corona-Pandemie und der Preissteigerungen wegen des Ukraine-Kriegs haben das Papenburger Traditionsunternehmen, das als modernste Schiffsbauwerft in Europa gilt, in Existenznot gebracht. Trotz gefüllter Auftragsbücher hat die Werft den Sanierungsexperten Ralf Schmitz in die Geschäftsführung geholt. Diese hat angekündigt, 440 der rund 3000 Stellen in Papenburg zu streichen. Was auf den Widerstand von Betriebsrat, IG Metall und Landesregierung stößt. Der SPD-Abgeordnete Nico Bloem sagte: „Ziel muss es sein, die Krise ohne Stellenabbau zu bewältigen.“